Guide: Welche Aleppo-Seife passt zu mir?
Vor wenigen Jahren erwähnte ich des Öfteren Aleppo-Seife, also traditionelle Olivenölseife, in meinen Artikeln, da ich diese zu dem Zeitpunkt sehr gerne für mich nutzte. Die Frage, welche Aleppo-Seife die richtige ist, habe ich unzählige Male gestellt bekommen und immer war meine Antwort: Es kommt ganz drauf an.
Worauf es ankommt, möchte ich heute ein bisschen erörtern und euch hoffentlich ein paar Tipps mit auf dem Weg geben, die euch die Entscheidung für, für welche oder gegen die Aleppo-Seife leichter machen. Dafür unterteile ich den Artikel in Abschnitte mit euren Fragen.
Was ist Aleppo-Seife und was unterscheidet sie von vielen anderen Seifen?
Zwar wurden die meisten Manufakturen in Syrien durch den Krieg zerstört und viele Menschen mussten aus ihrer Heimat fliehen, aber die traditionelle Aleppo-Seife gibt es nach wie vor, auch wenn absolute Engpässe aufgetreten sind. Die Aleppo-Seife war den vielen Überlieferungen nach, die allererste Seife der Welt und besteht traditionell aus Olivenöl und Lorbeeröl. Das Olivenöl wird zusammen mit Natronlauge in riesigen Kesseln bei hoher Hitze verkocht, bis gegen Ende des Verseifungsprozesses Lorbeeröl hinzu gegeben wird. Je höher der Lorbeeranteil ist, desto länger braucht es bis zur vollständigen Verseifung. Im Gegensatz zu vielen anderen Seifen, wird die Unterlauge abgelassen und die Seifenmischung ausgewaschen, bis sie völlig laugenfrei ist. Bei der Aussalzung werden überschüssige Fette, Glycerin und Unverseifbares herausgespült, weshalb sie üblicherweise keinen oder einen sehr niedrigen Überfettungsgrad hat. Nachdem die Seife gehärtet und in Stücke geschnitten, sowie gestempelt wurde, wird sie zur Reifung in luftigen Räumen gelagert. In dieser Zeit wird die Seife außenrum ockerfarben, bleibt innen allerdings olivgrün. Nach ungefähr neun Monaten ist sie vollständig getrocknet und kann in den Handel.
Für welche Zwecke kann ich die Aleppo-Seife nutzen und sollte ich überhaupt Seife nutzen?
Wait for it. Wait for it! Ich schmeiße mal ein paar Schlagworte in die Runde, die immer alle sauer (höhö) machen: Basische Pflege! Detox! Säureschutzmantel! Zentrum der Ges… Oh. Na ja, an dieser Stelle hört man besser auf. Ihr merkt aber hoffentlich, dass ich das ganze Thema glücklicherweise nicht so bierernst nehme und mir Kosmetik hauptsächlich Spass macht. Es geht dabei immer sehr stark um individuelles Wohlfühlen.
Der pH-Wert zeigt auf einer Skala von 0 bis 14 an, ob eine Lösung eher sauer oder alkalisch (also basisch) ist. Destilliertes Wasser hat einen pH-Wert von 7 und ist daher als neutral zu verstehen. Unsere Haut hingegen hat einen pH-Wert von etwa 5 bis 5,5 (pH-hautneutral). Der pH-Wert einer Seife wird gemessen, indem man 10g Seife in 100g Wasser auflöst, was meist einen Wert zwischen 8 bis 11 ergibt. Demnach ist Seife alkalisch.
Ist es nun gut mit einer Seife zu waschen, obwohl sie nicht pH-hautneutral ist?
Es steht einerseits die Idee im Raum, dass die Haut als Ausscheidungs- und Entgiftungsorgan durch basische Pflege in seiner Funktion unterstützt werden solle. Der Säureschutzmantel sei nur eine Erfindung der Kosmetikindustrie. Und eigentlich habe unsere Haut ursprünglich auch gar keinen pH-Wert von 5 oder 5,5, sondern sei nur durch falsche Pflege, Ernährung und Umwelteinflüsse so sauer geworden. Da solle man mit basischer Pflege entgegenwirken. Dieser Auffassung begegnet man überwiegend im Internet.
Im Gegensatz dazu herrscht die Annahme, dass es wichtig sei den Säureschutzmantel der Haut durch zu basische Produkte nicht zu zerstören, um sie besser vor Umwelteinflüssen zu schützen. Der Säureschutzmantel müsse ansonsten erst wieder aufgebaut werden. Bei zu häufiger Nutzung von basischen Pflegeprodukten, trockne die Haut stark aus.
Ich selbst “glaube” an den Säureschutzmantel. Trotzdem halte ich Seife nicht für ungeeignet zur Körperpflege. Weshalb ich das so sehe, will ich zeigen, indem ich einige Vor- und Nachteile der Aleppo-Seife aufstelle. Viele Punkte davon lassen sich natürlich auch auf die meisten anderen Seifen beziehen.
Vorteile
- Die Seife entfernt Schmutz und sehr zuverlässig Fett, Hauttalg beziehungsweise Sebum. (siehe Nachteil, ist nämlich Beides) So eine Tiefenreinigung kann gezielt eingesetzt werden.
- Die biologische Abbaubarkeit ist höher als bei synthetischen Tensiden.
- Reine Olivenölseife (ohne Lorbeer oder mit sehr geringem Lorbeeranteil) soll gut von Allergiker*innen und von Leuten mit sensibler Haut vertragen werden.
- Seife ist sparsamer im Gebrauch.
- Traditionelle Aleppo-Seife enthält weder Konservierungsstoffe, noch zugesetzte Duft- oder Farbstoffe.
- Mit dem Kauf von Aleppo-Seifen werden kleine Manufakturen und traditionelle Familienbetriebe unterstützt.
- Aleppo-Seife ist vegan und nachhaltiger als die meisten Konkurrenzprodukte.
- Die Aleppo-Seife verursacht wenig bis gar keinen Verpackungsmüll.
Nachteile
- Die Seife entfernt sehr zuverlässig Fett und Hauttalg beziehungsweise Sebum. (siehe Vorteil, ist nämlich Beides) Bei zu häufiger Anwendung kann dadurch trockene, raue und rissige Haut entstehen.
- Besonders auf Haaren kann sogenannte Kalkseife entstehen. Wie das nicht passiert, erläutere ich weiter unten im Artikel.
- Der Säureschutzmantel wird abgetragen, regeneriert sich allerdings nach kurzer Zeit von selbst. Diesen Punkt sehe ich selbst nicht so kritisch. Wie oben beschrieben, wird der pH-Wert von Seife von 10g auf 100g Wasser gemessen. Wenn wir uns mit Seife waschen, nutzen wir viel weniger Produkt und viel mehr Wasser. Nach meinen Recherchen hat die übliche Aleppo-Seife im Schnitt übrigens einen pH-Wert von 8.
- Seife lässt die Haut quellen, was bei gesunder Haut nicht von all zu großer Bedeutung ist, kann ansonsten aber zu trockener Haut und Rissen führen.
- Obwohl Aleppo-Seife in der Zusammensetzung sehr nachhaltig ist, sind lange Transportwege nötig, um sie hier kaufen zu können. Im Vergleich mit den meisten anderen Reinigungsprodukten und deren zahlreichen Inhaltsstoffen, die auch alle von irgendwo geliefert werden müssen, gewinnt die Aleppo-Seife in diesem Punkt dennoch.
Mein persönliches Fazit: Aleppo-Seife jein! Nicht zu oft und am Liebsten für Körper, Hände und Haare. Für das Gesicht, dessen Haut anders beschaffen ist als die am restlichen Körper, sehr selten oder gar nicht oder alternativ punktuell auf Unreinheiten und Mückenstiche.
Wie hoch sollte der Lorbeeranteil meiner Aleppo-Seife sein?
Durch den unterschiedlich hohen Lorbeeranteil der Aleppo-Seifen lassen sie sich für viele verschiedene Zwecke und Hautbeschaffenheiten nutzen.
Je höher der Anteil an Lorbeer, desto rückfettender und feuchtigkeitsspendender ist die Seife. Eine (reine) Olivenölseife ist hingegen besser für ölige oder zu Unreinheiten neigende Haut. Da muss man wohl am Besten ein bisschen für sich experimentieren und auf keinen Fall mit dem Lorbeer übertreiben. Ich würde bei eher trockener Haut nicht mehr als 35% Lorbeeranteil nehmen. Für normale Haut ist sicher eine Zusammensetzung von 4% bis 15% geeignet.
Für Haare gilt eine ähnliche Faustregel. Je höher der Olivenölanteil, desto mehr ist die Seife für fettiges Haar geeignet. Das ist etwas, was ich damals am eigenen Kopf gelernt habe, indem ich immer wieder versuchte Ölkuren aus den Haaren zu waschen. Mit hohem Olivenölanteil und damit niedriger Überfettung, klappt das nämlich hervorragend.
Hast du Tipps wie ich mir meine Haare mit Aleppo-Seife wasche?
In der Antwort davor, habe ich ja schon erklärt, dass bei öligeren Haaren ein etwas niedrigerer Lorbeerölanteil gewählt werden kann. Durch die Umstellung von konventionellen, aber auch naturkosmetischen Shampoos auf Aleppo-Seife, kann es sehr gut sein, dass die Haare ein paar Wochen brauchen, um sich an die neue Haarwaschmethode zu gewöhnen. Sie werden zum Beispiel strähnig. Für dieses Phänomen gibt es allerdings noch viele weitere Gründe:
- Haar und Kopfhaut müssen sich erst noch an die Seife “gewöhnen”
- Blondierung, Dauerwelle (da gibt es immer wieder Berichte, dass die Seifenwäsche nicht gelingen will)
- Anteil an Lorbeeröl ist zu hoch oder zu niedrig
- Hartes Wasser
- Haare wurden nicht warm genug ausgepült (trifft weniger auf Aleppo-Seife mit hohem Olivenanteil zu, aber sehr auf Seifen mit z.B. Palmöl, denn manche verseiften Öle hinterlassen einen Film, wenn zu kalt ausgespült wurde)
- Ungründliches Waschen
Den letzten Punkt muss ich erläutern. Es kann sein, dass man tatsächlich nicht alle Stellen erwischt hat, da Aleppo-Seife nicht so arg schäumt und das Verteilen deshalb schwieriger ist. Oder man hat die Seife nicht gründlich genug ausgespült. Die Methode mit der ich die besten Erfahrungen gemacht habe, ist folgende:
- Haare gründlich mit warmen Wasser spülen
- Aleppo-Seife in Haarwuchsrichtung mehrmals drüber streichen
- Mit dem Fingern aufschäumen
- Haarlängen nicht vergessen
- Nochmal mit warmen Wasser spülen
- Wieder Aleppo-Seife ins Haar streichen und mit den Fingern aufschäumen und verteilen
- Haare mit sehr warmen (aber nicht heißen!) Wasser ausspülen, bis sich alles gelöst hat
- Erst dann mit kaltem Wasser spülen, um die Schuppenschicht zu schließen
- Saure Rinse (siehe weiter unten) oder geeigneter Conditioner
- Einwirken lassen, je nach Vorliebe ausspülen oder drin lassen (saure Rinse) oder ausspülen (Conditioner)
Seife und Wasser reagieren zusammen und im Haar bleibt manchmal die sogenannte Kalkseife übrig. Je härter das Wasser, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Kalkseife. Wenn das passiert, sehen die Haare, obwohl sie frisch gewaschen wurden, direkt wieder strähnig aus, als ob ein schmieriger, stumpfer Belag ums Haar liegt. Was prinzipiell dann nicht nur so aussieht, sondern leider auch so ist. Diese Kalkseife möchte man also verhindern oder schnell wieder weg haben und dafür gibt es ein paar Methoden:
- Geeigneten Conditioner verwenden (ich habe da aber keine eigenen Erfahrungswerte)
- Saure Rinse, 1 bis 2 Esslöffel (Obst-)Essig auf 1 Liter Wasser (da muss man etwas experimentieren und für sich die richtige Menge finden)
- Saure Rinse mit Zitronensaft, 1 bis 2 Esslöffel auf 1 Liter Wasser
- Saure Rinse mit Zitronensaftkonzentrat, nicht mehr als 1 Esslöffel auf 1 Liter Wasser
- Saure Rinse mit Zitronensäure, 1 Messerspitze auf 1 Liter Wasser genügt
- Saure Rinse mit Kombucha, 2 bis 3 Esslöffel auf 1 Liter Wasser
- Tee- oder Kräuterrinse, die allerdings nur bedingt sauer ist (Wir brauchen Gerbsäure!)
Reizt Lorbeeröl die Haut?
Aus dem Lorbeerbaum (Laurus nobilis) werden sowohl Blätter zum Würzen von Gerichten, als auch verschiedene Öle für Kosmetik und für medizinische Zwecke gewonnen. In der EU-Kosmetikverordnung wird konkret das Öl der Samen von Laurus nobilis L. als stark hautreizend, toxisch und allergieauslösend beschrieben, weshalb es als kosmetisches Mittel verboten wurde.
Das ätherische Lorbeeröl (Laurel Leaf Oil / Bay (Leaf) Oil), das aus den Blättern des Lorbeerbaumes destilliert wird, findet sich besonders oft in Produkten für die medizinische Anwendung. So kommt es zum Beispiel bei Einreibungen von Rheuma-Patienten oder für Aknemittel zum Einsatz. Allerdings ist es ebenfalls dafür bekannt Kontaktallergien auslösen zu können und hautreizend zu sein (Methyleugenol [genotoxisches Kanzerogen], Costunolid).
Lorbeeröl ist nicht gleich Lorbeeröl, denn der Lorbeerbaum liefert nicht nur ätherisches, sondern auch fettes Öl, welches zum Beispiel in der Aleppo-Seife zu finden ist. Die olivenähnlichen Früchte des Baumes werden hierfür entkernt, gekocht und gepresst, um das grüne Lorbeeröl (Laurus nobilis fruit oil / Laurel berry oil / Oleum Lauri expressum) zu gewinnen. Es riecht ziemlich streng und ein bisschen nach Eukalyptus (Eucalyptol / 1,8-Cineol ist bis zu 2% enthalten), ist aber sehr reichhaltig und tatsächlich eher Butter als Öl. In der Kosmetik wird es zum Beispiel bei Kopfhautproblemen wie Schuppen oder dünner werdendem Haar eingesetzt. Es hat antibakterielle Eigenschaften, weshalb das Lorbeeröl der Früchte ebenfalls bei Akne, Ekzemen, trockener Haut und Ausschlag verwendet wird. Letztlich soll uns das oben erwähnte EU-Gesetz davor bewahren, Lorbeeröl aus Beeren zu bekommen, bei denen die Kerne mit ausgepresst wurden.
Ob das Lorbeeröl in der Aleppo-Seife nun hautreizend ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Wie alle (natürlichen) Stoffe, hat es das Potenzial von manchen Menschen nicht vertragen zu werden. Ich selbst habe keine Probleme mit dem Lorbeeröl aus den Früchten und konnte nach längerer Recherche auch keine aussagekräftigen Studien finden, die dahingehend etwas belegen. Bei dem oben erwähnten ätherischen Öl und dem aus den Kernen, sieht die Sachlage anders aus.